Santiago de Compostela, das Mekka der mit Jakobsmuscheln dekorierten Multifunktionskleidung und Endpunkt des berühmten Jakobswegs. Als Nicht-Pilger fällt man hier fast schon auf, wenn man sich abseits der berühmten Kathedrale bewegt. Was es dort so zu sehen gibt? Nimm deinen Wanderstock und folge mir.
Was dir vielleicht sofort klar sein dürfte: Santiago ist keine supermoderne, hippe Metropole wie Barcelona oder Madrid. Obwohl hier jedes Jahr Massen an Pilgern vor den Türen der Kathedrale landen und die Stadt weltberühmt ist, hat sie nur knapp 95.000 Einwohner. Ein gemütliches Städtchen eben. Schauen wir uns das Ganze doch mal genauer an.
10:00 – Guten Morgen aus dem Moure Hotel
An Unterkünften mangelt es Santiago de Compostela ganz bestimmt nicht. Innerhalb der Altstadt reihen sich die Hotels und Gasthäuser beinahe aneinander. Aber du möchtest ja nicht irgendwo nächtigen, hab ich Recht? Darf ich vorstellen: Das Moure-Hotel liegt am östlichen Rand des Altstadtrings und reiht sich mit seiner historischen Fassade unaufdringlich in das Straßenbild der Rua dos Loureiros ein.
Innen erwartet dich ein minimalistisches Interior aus hellen, holzvertäfelten Wänden und dunklen Betonfußböden. Das Hotel war früher ein Studentenwohnheim, heute gibt es hier 15 verschiedene Zimmer mit moderner Einrichtung vor unverputztem alten Mauerwerk. Nimm dir einen Kaffee aus der Küche und setz dich eine Runde in den kleinen Patio, um gemütlich in den Tag zu starten.
Falls dir das Frühstücksbuffet des Hotels nicht reicht und dir der Weg am frühen morgen nicht zu weit… warte, vergiss, was ich gesagt habe. In Santiago gibt es keine wirklich langen Wege. Innerhalb des Altstadtrings kannst du jeden Ort in etwa 15 Minuten erreichen. Also nochmal: eine andere Adresse für gutes Frühstück ist das O Paris. Unverputzte Wände, bunt zusammengewürfelte Stühle und Blümchentapete – eine gute Mischung. Das O Paris ist übrigens zu jeder Tageszeit einen Besuch wert, je nach Uhrzeit für Tapas, Abendessen oder Livemusik.
10:30 – Die Altstadt von Santiago de Compostela
Der Ausgangspunkt für alle Entdeckungstouren in Santiago ist mehr als offensichtlich: Das Herzstück der Stadt ist definitiv die Kathedrale von Santiago de Compostela. Auch wenn du keine Hunderte von Kilometern hierhergewandert bist, ist ihr Anblick trotzdem beeindruckend. Und wenn sich auf der Praza do Obradoiro Pilgergruppen glücklich in die Arme fallen, bekommt man auch als Außenstehender schonmal Gänsehaut.
Von hier aus kannst du dich durch das Wirrwarr der Gassen südlich zum Mercado do Abastos arbeiten, einem der traditionellsten Märkte Spaniens. Und wenn du dem Angebot an frischem Fisch, Meeresfrüchten, Käse, Gemüse und Früchten nicht widerstehen kannst? Dann nimmst du einfach im Abastos 2.0 Platz. Hier kommt das auf die Teller, was kurz vorher noch am Marktstand angeboten wurde. Frischer geht’s nicht.
Danach kannst du dich weiter durch den westlichen Teil der Altstadt arbeiten. Ja ich weiß, nach dem zehnten Geschäft mit Postkarten, Souvenirs, Muscheln, Muscheln und nochmal Muscheln fragst du dich, ob es nur eine Art von Geschäft in Santiago gibt. Und dann taucht plötzlich ein alter Gemüseladen auf, mit in Holzrahmen gefassten Fenstern und du kannst den Charme dieser Stadt wieder voll und ganz nachvollziehen.
12:30 – Ab ins Grüne
Am westlichen Ende des Altstadtrings stößt du auf den Parque de la Alameda, Santiagos grüner Oase. Nein, auch dieser Park ist nicht neu, sondern ein Paradebeispiel für Parks des 19ten Jahrhunderts. Zwischen Palmen und verschlungenen Bäumen hast du eine der besten Aussichten über die Stadt. Und wenn du ein wenig Glück hast, posieren vielleicht ein paar Bauarbeiter für dich, die auf einem der orangeroten Dächer zugange sind.
Falls nicht, bleibt dir immer noch die Gesellschaft der sitzenden Statue des Dramatikers Ramón María del Valle-Inclán. Heutzutage wäre er wahrscheinlich neben seiner Arbeit ebenso Vorreiter in Sachen Mode und Mut zum Vollbart. Hat hier gerade jemand Hipster gesagt?
13:30 – Industrielles Mittagessen
Wo wir gerade beim Thema sind. Ja, in Santiago gibt es auch hippe Orte zu entdecken. Wenn du denkst, in so einer Stadt können nur traditionelle Gasthäuser beheimatet sein, liegst du… vielleicht zum Teil richtig, aber nicht ganz. Im La Industrial in der Nähe des Parks auf der Avenida de Rosalía de Castro jedenfalls gibt es große Industrielampen, abgewetzte Retrosessel und Tische aus alten Holz-Kabeltrommeln. Ich hätte am liebsten heimlich die alte belgische Küchenwaage auf dem Tresen eingesteckt, aber das wäre wahrscheinlich ein wenig auffällig gewesen. Du bekommst hier übrigens auch ziemlich gutes Mittagessen, ich kann dir das Tosta de Queso de Cabra nur ans Herz legen.
15:00 – Ein Ausflug nach Absurdistan aka Cidade da Cultura
Okay, beim nächsten Vorschlag bin ich selbst noch hin- und hergerissen. Wie wäre es mit einem Ausflug nach Klein- (oder eher Groß-)Absurdistan? Das wahrscheinlich umstrittenste Bauprojekt Santiagos, die Cidade da Cultura, liegt ein wenig außerhalb auf dem Monte Gaias. Ganz ehrlich, ich weiß auch nicht so Recht, was ich von diesem Ort halten soll. Es wirkt wie ein unfassbar riesiger, architektonischer Unfall, den man irgendwie trotzdem anschauen muss.
Wahrscheinlich dachte sich die galizische Regierung, der Bau eines Kulturzentrums könnte einen ähnlichen Effekt haben wie der Bau des Guggenheims in Bilbao. Hatte es aber nicht. Das Konzept des Architekten Peter Eisenman war es, die Architektur in die Landschaft einzupassen, die Basis des Grundrisses liefert die Form der Altstadt von Santiago, die von der Form der Jakobsmuschel durchschnitten wird. Du bist schon bei der Hälfte des Satzes ausgestiegen? Ging mir nicht anders.
Wie dem auch sei, eigentlich sollten auf dem 15 Hektar großen Gelände neben dem Museo de Galicia und der Biblioteca de Galicia noch die Oper und ein internationales Kulturzentrum errichtet werden. Der Bau wurde allerdings gestoppt, also wandelst du hier durch ein Wirrwarr von wellenförmigen Gebäudeteilen und einer riesigen Baustelle. Alles wirkt irgendwie überdimensioniert, in der Bibliothek gibt es mehr Regale als Bücher, das Museum wirkt in seinem Gebäudekomplex fast winzig und wenn du beim Umherwandern auf andere Besucher triffst, bildet ihr schon fast eine Menschenmasse.
Die meisten Besucher (vielleicht sind es auch alles Angestellte, ganz sicher bin ich mir nicht) triffst du in dieser Geisterstadt wahrscheinlich in der eigentlich wirklich hübsch gestalteten Kantine an, in der du dich bei einer Cola fragen kannst, ob du das Gelände faszinierend, erschreckend, verschwenderisch oder extrem mutig finden sollst. Oder man einen Ausflug hierher schon fast als Urban Exploring bezeichnen kann. Man weiß es nicht so genau.
17.00 – Die Moderne liegt gleich neben der Altstadt
Was allerdings wirklich einen guten Kontrast zu den historischen Bauten der Altstadt bietet, ist das Centro Gallego de Arte Contemporánea ein wenig abseits des Altstadtrings und ganz in der Nähe des Moure Hotels. Hier ist – wer hätte es beim Namen des Museums gedacht – moderne Kunst aus Galizien untergebracht. Der Eintritt ist frei, die Ausstellungen interessant und du kannst ein wenig die Ruhe genießen, bevor es wieder in die belebten Straßen der Altstadt geht.
Wie bereits gesagt, liegt das Hotel genau auf dem Weg zurück in den Altstadtring. Falls du eine kurze Pause einlegen willst oder dich für den Abend in ein schickeres Outfit schmeißen möchtest, ist jetzt der richtige Zeitpunkt.
20:00 – Auf zur kulinarischen Pilgerstätte
Für´s Abendessen geht es zu meiner persönlichen Pilgerstätte der Stadt: dem O Curro da Parra auf der gleichnamigen Straße! Oh! mein! Gott! Vertrau mir, das Essen hier ist so gut, dass mein Vegetarierdasein für kurze Zeit pausieren musste. Verurteile mich nicht, solange du es nicht selbst probiert hast.
Ich kann dir auch gar nicht wirklich sagen, welcher Gang der Beste war. Von knusprigen King Prawns mit Maracuja-Sauce über Bonito mit Erdnüssen, Brunnenkresse und eingelegtem Rettich bis zu Apple Crumble mit Vanilleeis und Heidelbeeren war einfach alles zum Niederknien. Ich bin mir sicher, als Pilger ist nach diesem Essen alle Anstrengung der Wanderung mit einem Schlag vergessen.
Danach kannst du glücklich und beseelt durch die Gassen in Richtung deines kuschligen Betts wandeln oder dich von Livemusik und gutem galizischen Wein durch die zahlreichen Bars der Stadt leiten lassen.
WAS SIND DEINE BESTEN TIPPS FÜR SANTIAGO DE COMPOSTELA? REIN DAMIT IN DIE KOMMENTARE!
Wir danken an dieser Stelle dem Moure Hotel für die Unterbringung in ihrem wundervollen Designhotel.
wow! von den bildern her eine sehr designorientierte stadt